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„Ein ehrliches Bier“

Interview


Harald Baumgartner stellte schon Craft Beer her, bevor allgemein bekannt war, was damit überhaupt gemeint ist.

Sie haben schon Craft Beer hergestellt, als hier noch niemand gewusst hat, was das eigentlich ist. Was war damals ihre Motivation?
Harald Baumgartner: 
  Der Traum, sich als Brauer selbstständig zu machen,ist eigentlich schon während meiner Lehre zum Bierbrauer gereift. Nachdem ich den Braumeister gemacht habe, hat sich das weiter konkretisiert, bis ich dann 1999 den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt habe.

Wie würden Sie Ihr Tiroler Bier charakterisieren?
Baumgartner: 
Es ist ein ehrliches Produkt aus vier verschiedenen Malzen, die ausgewogen kombiniert sind. Außerdem ist mein Bier durch den relativ geringen Kohlensäuregehalt sehr bekömmlich und nicht so stark verhopft. Letzteres schätzt besonders die Damenwelt, die herbere Biere eher nicht so gerne mag.
Wie schaffen Sie es, die Qualität konstant hoch zu halten?
Baumgartner:  Es ist nicht schwer, ein gutes Bier zu machen, die Herausforderung ist, ein konstant gutes Bier zu brauen. Das schaffe ich mit viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl, da ich ja nicht wie Großbrauereien ein Labor zur Verfügung habe. Nicht der Computer steuert bei uns die Prozesse, sondern das Handwerk. Durch das Restextrakt in unserem Bier entwickelt sich die Kohlensäure natürlich in der Nachgärung.

In der derzeit sehr lebendigen Craft-Beer-Szene liegen kaltgehopfte Biere im Trend. Haben Sie schon einmal mit dem Gedanken gespielt, etwa ein India Pale Ale zu brauen?
Baumgartner: 
Nein, das sind nicht die Biere, die uns in unseren Breiten liegen. Kaltgehopfte Biere sind eher eine Spielerei. Ich will in erster Linie die Tiroler abholen und ein bodenständiges Produkt schaffen. Einige Schlucke dieser Biere sind schon gut, aber wenn jemand Durst hat, greift er lieber auf mein Bier zurück. Ein spezielles Bier nach Pilsner Art für ein Innsbrucker Bierlokal habe ich aber zugesagt. Das wird aber nicht unser Standardbier.

Warum ist das Pils in Österreich gegenüber dem Märzen eher eine Randnotiz?
Baumgartner:
  Ein Pils ist ein sehr stark gehopftes Bier, das zwar leicht ist, aber bei uns scheinbar nicht den Massengeschmack trifft.

Welche Vertriebswege wählen Sie für Ihr Bier?
Baumgartner: 
Ein großer Teil geht an die Gastronomie, einiges auch über den Gassenverkauf, und seit einigen Jahren sind auch die Lebensmittelhändler nicht unerheblich, die mein Bier führen.

Zu welchen Speisen bietet es sich an, ein Tiroler Bier – Märzen oder Weizen – zu trinken?
Baumgartner: 
Das Weizen ist ein guter Durstlöscher, besonders nach dem Sport und passt natürlich sehr gut zu Weißwürsten oder typisch bayrischen Gerichten. Das Märzen würde ich vor allem zu deftigeren und bodenständigen Gerichten wie Kasspatzln, Stelze, Gulasch und Ripperln empfehlen, aber auch zu Speckknödeln.
Interview: Marian Kröll