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Feine Weine aus Österreich

Interveview


Warum österreichische Weine weltweit reüssieren, welche Trends die Weinlandschaft bereithält und warum guter Wein „Ecken und Kanten“ haben darf, erklären Walter Pfanner und Dietmar Meraner.

Der große Weinskandal ist drei Jahrzehnte her. Hat sich das Weinland Österreich in dieser Zeit nicht mehr als rehabilitiert?
Dietmar Meraner: 
  Das kann man sagen. Unsere rund 6000 Abfüller erzeugen auf 46.000 Hektar jährlich durchschnittlich 2,5 Millionen Hektoliter Wein hoher Qualität. Wir sind damit ein kleines, aber feines Weinland. Deshalb besteht auch über 60 Prozent meines Sortiments aus heimischen Weinen.

Wo liegen die Stärken der heimischen Weinlandschaft?
Walter Pfanner:
Da wäre einmal die Kleinstrukturiertheit – mit Flächen zwischen zwei und achtzig Hektar pro Winzer – zu nennen. Dann die Vielfalt der klimatischen Gegebenheiten, der Traubensorten. Wir haben immerhin 35 registrierte Sorten, einige davon sind typisch für Österreich, etwa die Hauptsorten Grüner Veltliner und Zweigelt. Aber auch rare Sorten wie der Rote Veltliner, Zierfandler oder Rotgipfler sprechen für das Weinland Österreich

Wie sieht im Anbau das Verhältnis zwischen Rot- und Weißwein aus und lassen sich irgendwelche Trends erkennen?
Pfanner:
  Bei uns wird zu 65 Prozent Weißwein angebaut. Der Gemischte Satz ist derzeit durchaus in Mode. Da müssen mindestens drei bis vier Traubensorten drinnen sein, die miteinander geerntet werden müssen. Da sind dann überreife Trauben und etwas unreifere Trauben dabei.

Meraner:  Der Wiener Gemischte Satz ist mittlerweile ein DAC Wein. DAC steht für gebietstypische Qualitätsweine. Bis dato gibt es in Österreich neun DAC-Gebiete. Ansonsten sind die Weintrinker so verschieden, dass sich kaum Trends herauslesen lassen. Beim Weißwein wird jedoch eher fruchtig-frischer, aromatischer Wein bevorzugt.

Pfanner:  Junge Leute sprechen auf unseren Weinfesten verstärkt auf süßere Weine wie Spätlese an. Auf Festen in Vorarl­berg ist die Schnapsbar out, die Weinbar dagegen sehr gefragt. Das ist in Tirol, glaube ich, noch nicht in diesem Ausmaß so.


Präferieren die Tiroler Weintrinker Rot- oder Weißwein?
Meraner:
  Ich würde sagen, das hält sich ziemlich die Waage. Positiv ist sicherlich der hohe Marktanteil, den heimische Weine in den Weinkarten der Gastronomie und Hotellerie einnehmen. Da hat sich in der Vergangenheit sehr viel getan.

Wie lässt sich dieser Wandel erklären?
Pfanner: 
Österreich war vor dem Weinskandal vor allem auf Masse aus, und nicht auf Klasse. Jetzt sind wir qualitativ vor allem beim Weißwein sicher führend in Europa.

Meraner:  Der Lokalpatriotismus dürfte auch ein wenig mitgespielt haben, der Trend zum Regionalen, die ungeschickte Preispolitik der Südtiroler, die ständig den Preis ihrer Weine erhöht haben, auch. Die Südtiroler haben aber mittlerweile daraus gelernt, das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt wieder. Die ältere Winzergeneration hat den Boden für eine junge, gut ausgebildete und experimentierfreudige Generation bereitet, die sehr gute Arbeit leistet. Nicht zuletzt ist auch das Weinmarketing sehr gut aufgestellt. In Summe eine tolle Entwicklung.

Im Gegensatz zum typischen Biertrinker wird dem Weintrinker eher größerer Sachverstand unterstellt. Gibt es dennoch Fehler, die generell gemacht werden?
Meraner: 
Vor allem beim Rotwein wäre es wirklich wichtig, mehr darauf zu achten, dass die Temperatur stimmt. Die Gastronomie sollte den Roten kühler servieren und auch privat sollte man einmal probieren, einen klassischen Rotwein mit 13, 14, 15 Grad zu genießen. Das ist ein ganz eigenes, positives Geschmackserlebnis. Die kühle Frucht in der Nase, das Wohlbefinden am Gaumen, das macht schon Spaß, vor allem im Sommer. Weil ein Rotweintrinker auch sommers nicht zum Weißweintrinker wird.

Macht sich die Wiedereinführung der Schaumweinsteuer beim Absatz schon bemerkbar?
Pfanner: 
Die österreichischen Sekthersteller sagen, sie haben 20 bis 30 Prozent Minus. Ich selber merke es am Markt nicht. Im Lebensmittelhandel ist der Absatz aber sicher rückläufig. 

Wie entwickelt sich der Absatz bei den österreichischen Süßweinspezialiäten?
Meraner:
  Da gibt es das Problem, dass diese Prädikatsweine nicht gerade ein Selbstläufer sind. Die Gastronomie und Hotellerie hat – speziell im gehobeneren Segment – diese Weine zwar auf der Karte, man muss sie aber aktiv dem Gast empfehlen. Wer sich auskennt und bemüht, bringt da auch etwas weiter. Denn diese süßen Weine passen bekanntermaßen hervorragend zu Desserts oder zur klassischen Käseplatte. Generell lässt man dieses Zusatzgeschäft häufig auf der Straße liegen. Man muss diese Weine nämlich richtig vermarkten, und da gibt es noch Luft nach oben.

Pfanner:  Weine wie Beerenauslese, Trockenbeerenauslese und Eiswein sind zum Exportartikel geworden. Achtzig Prozent dieser Weine gehen ins Ausland. In England und China gibt es viele Süßweinliebhaber.

Wie sieht es bei den Weinen als klassischem Speisenbegleiter aus. Welche Empfehlungen kann man guten Gewissens geben?
Pfanner: 
Früher hat man gesagt, ein Weißwein passt zu hellem Fleisch oder Fisch. Heutzutage ist wirklich der individuelle Geschmack ausschlaggebend. Es gibt genügend Leute, die etwa auch zum Fisch einen Roten bevorzugen. Genauso gibt es auch Weißweine – wie etwa die Smaragde aus der Wachau – die perfekt auch zu einem schwereren Essen passen.

Meraner:  Für mich zählt da das Motto: Erlaubt ist, was schmeckt. Einen Wein mit höherer Säure zu einem Salat zu empfehlen, ist klarerweise nicht optimal. Damit hätte der Gast keine große Freude.

Haben Sie persönlich einen Lieblingswein?
Pfanner:
  Diese Frage höre ich oft. Ich bin aber jemand, der sehr gerne probiert und kostet. Wir haben über 1000 Weine im Sortiment. Wenn ich da einen besonders bevorzugen würde, käme ich ja gar nicht mehr zum Testen.

Meraner:  Ich mag sowohl Weiß-, Rot- als auch Roséweine. Wichtig ist mir persönlich, dass ein Wein Ecken und Kanten hat, knackig und mineralisch ist. Diese Schönlinge, die, wie man in der Fachsprache sagt, „marmeladigen“Weine sind dagegen nicht mein Fall. Im Extremfall schmecken solche Weine wegen ihres dichten, konzentrierten und stark fruchtigen Aromas nämlich künstlich.

Apropos „Ecken und Kanten“. Was halten Sie vom Schilcher?
Meraner: 
Da hat sich viel Positives getan. Man hat sich stärker auf den Konsumenten eingelassen und die Säure gut balanciert mit dem, was den Rest des Weines ausmacht. Das Image ist aber immer noch verbesserungsbedürftig, obwohl es wirklich tolle Schilcher gibt, die vor allem als Aperitiv sehr gut funktionieren.

Pfanner:  Nichts abgewinnen kann ich dem Uhudler. Der ist eigentlich kein richtiger Wein, weil er aus Direktträger-Rebsorten gewonnen wird und nicht aus richtigen Weintrauben. Nach dem europäischen Weingesetz darf aus Direktträgern eigentlich kein Wein gemacht werden. Über den Geruch und Geschmack kann man auch streiten.

Wo beginnt für den Endverbraucher der Preisbereich, wo man einen guten Wein bekommt?
Meraner:
  So ab sechs, sieben Euro aufwärts. Damit ist man gut beraten, alles darunter wird dann schon sehr schwierig. Zwischen zwölf bis zwanzig Euro pro Flasche gibt es aber schon sensationelle Weine.

Wie lange kann man Wein höchstens lagern, um noch auf der sicheren Seite zu sein?
Meraner:
  Das hängt von mehreren Faktoren ab. Einen Rotwein kann man vier bis zehn Jahre lagern, einen leichten Weißwein nicht länger als zwei Jahre, einen kräftigeren – etwa einen Smaragd-Wein – aber durchaus auch bis zu zehn Jahre.  Es scheiden sich auch immer die Geister, ob man stehend oder liegend lagern soll. Temperaturmäßig sind zwischen zehn und vierzehn Grad ideal. Es ist jedenfalls zu begrüßen, dass sich der Drehverschluss durchgesetzt hat.  Marian Kröll

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Walter Pfanner ist Gremialobmann des Vorarlberger Weinhandels, Dietmar Meraner führt die Geschäfte der Innsbrucker Weinkellerei Meraner, die 1944 von Peter Meraner sen. gegründet wurde. Der Weinfachhandel hat in Tirol Tradition und bietet ein breit gefächertes Sortiment von Weinen aus Österreich und der ganzen Welt. Mit großer Leidenschaft und Sachkenntnis werden immer wieder neue Winzer, Anbaugebiete und Gewächse ausfindig gemacht, die das Herz von Weinliebhabern höher schlagen lassen.