Ein Plädoyer für die Region >
< Reife-Leistung

Mit Liebe zum Detail

Konditoren und Wachszieher


Die Konditoren und Lebzelter & Wachszieher gehören zu den traditionellsten Handwerksbetrieben. Mit über 140 Standorten in Tirol begleiten uns diese Berufsgruppen mit kunstvollen Produkten von höchster Qualität durch den Lebenszyklus.

Ein gelungener Sonntagsausflug endet oft mit einem Besuch in der Konditorei des Vertrauens. Die Kleinsten drücken sich die Nase an der Vitrine platt, bekommen bunte Leckereien, die Eltern naschen von erlesenen Kuchen und Omas schlürfen feinen Kaffee. Geschieht dies zu einem besonderen Anlass, wie beispielsweise einer Taufe, steht eine kunstvoll verzierte Taufkerze am Tisch. Die Erzeugnisse dieser beiden Handwerkssparten begleiten viele unserer kostbarsten Momente. Die Tatsache, dass das Wachszieher- und Lebzelter- sowie das Konditorenhandwerk unter eine Innung fallen, ist vielen unbekannt.
Derzeit verwöhnen tirolweit 118 Konditoren die Gaumen der Tiroler, drei Wachszieher liefern die Lichter für unsere wichtigsten Momente. Der Zusammenhang dieser Berufsgruppen ist geschichtlich begründbar. Im 12. Jahrhundert wurde erstmals der Beruf der Lebzelter und Wachszieher erwähnt. Der gemeinsame Nenner ist dem Fleiß der Biene geschuldet. Sie liefert sowohl den Honig für köstlichen Lebkuchen als auch Bienenwachs zur Kerzenerzeugung. Später wurden die beiden Berufsgruppen unter dem Dach der Konditoren zusammengefasst. Noch heute wird in diesem Bereich teils eng zusammengearbeitet. Das betont auch Paul Kolb, von Kerzen Kolb, einem der letzten Wachszieherunternehmen Tirols: „Die Wachszieher, Lebzelter und Konditoren haben heute zwar nur mehr wenig Gemeinsamkeiten bei der Produktion, jedoch sind sie beide Handwerksbetriebe. Gemeinsam begleiten wir viele Menschen durch den Lebenskreis – von Geburt und Taufe über Erstkommunion und Hochzeit bis hin zum Begräbnis. Hier können sich unsere Berufsgruppen sehr gut ergänzen.“
Paul Kolb leitet das 1972 von Josef Kolb gegründetet Familienunternehmen seit 2002, welches noch heute seinen Sitz in Steinach am Brenner hat. Eine Besonderheit ist hier die Erzeugung von Kerzen. „Wir gießen die Kerzen in spezielle Formen aus Metall. Durch eine besondere Wachsmischung erhalten diese eine einzigartige Marmorierung. Das macht jede Kerze zu einem Unikat“, erklärt Kolb. Kunstvoll verziert werden diese Kerzen hauptsächlich im Großraum Tirol verkauft.
Das Verarbeiten von hochwertigen Rohstoffen und ein kunstvolles Endprodukt ist auch Armin Wagner, Chef der Konditorei Wagner in Matrei am Brenner, ein zentrales Anliegen. Mit regionalen Rohstoffen, unterschiedlichen Kreationen und Geschmacksrichtungen punktet das traditionelle Familienunternehmen. Wagner weiß, wovon er spricht: „Wir sind sehr bemüht für unsere Kunden stets beste Qualität zu verarbeiten. Vermehrt produzieren wir nach alten, traditionellen Rezepten und vermischen diese mit neuen Arbeitstechniken. Wir haben sogar teilweise Rezepte von meinem Urgroßvater übernommen.“ Auch Wagner schätzt die Zusammenarbeit mit den Wachsziehern: „Zu vielen Anlässen benötigt man sowohl Kerzen als auch Torten. Hier können wir uns sehr gut ergänzen und auf individuelle Wünsche eingehen. Auch arbeiten wir besonders auf Messen und Ausstellungen Hand in Hand.“

Qualität und Kundenbindung
Kämpfen müssen Konditoren und Wachszieher gleichermaßen, wenn es um die Konkurrenzfähigkeit, besonders im Vergleich mit großen Anbietern, geht. Durch gute Kundenbindung und ausgezeichnete Qualität versuchen die Unternehmen, am Markt erfolgreich zu bleiben. „Unsere Rohstoffe sind nur von bester Qualität und das wissen unsere Kunden“, ist Paul Kolb überzeugt und erklärt weiter: „Bei Standardprodukten sind oft große Unternehmen und Handelsketten scharfe Konkurrenz. Allerdings fehlt es dort an Qualität. Viele billige Kerzen brennen nicht besonders gut. Wir als kleines Unternehmen spezialisieren uns auf individuelle Produkte, die große Hersteller oft nicht anbieten, gehen auf die Wünsche der Kunden ein und können daher oft Unikate produzieren – also kunstvolle Werke und zufriedene Kunden.“
Auch das Familienunternehmen in 4. Generation der Familie Wagner setzt auf individuelle Kundenbetreuung. „Wir haben immer persönlichen Kontakt mit unseren Kunden und können daher sehr flexibel auf Kundenwünsche eingehen. Wir sind nicht nur kreativ, sondern arbeiten in einem dynamischen Team und können deshalb auch spontane Aufträge rasch erledigen“, ist Wagner stolz. „Meine tägliche Inspiration schöpfe ich unter anderem daraus, weil ich weiß,  dass ich dem Kunden mit meinem Produkt Freude bereite – sowohl mit Geschmack als auch Aussehen.“
Trotz der harten Konkurrenz durch große Hersteller wird das traditionelle Handwerk der Konditoren und Wachszieher weiterbestehen. Jährlich entscheiden sich zahlreiche junge Menschen für eine Lehre in dieser Branche und sind in Tirol besonders erfolgreich. Die Lehrberufe erweisen sich als interessant und abwechslungsreich. So lernt man nicht nur alles über die dem Handwerk zugrundeliegenden Rohstoffe, man kann die eigenen Werke auch noch kunstvoll gestalten und verzieren. Die Villa Blanka war auch letztes Jahr Schauplatz des größten Lehrlingswettbewerbs junger Konditoren. Paulus Stuller, Bundesinnungsmeister der Lebensmittelgewerbe und Innungsmeister der Konditoren Österreichs, ist davon überzeugt, dass „der Spass am kreativen Arbeiten mit exklusiven Rohstoffen einer der vielen Gründe ist, warum sich jedes Jahr zahlreiche junge Menschen für das Erlernen unseres ‚süßen‘ Handwerks entscheiden“. Auf den ersten zwei Plätzen fanden sich zwei Tirolerinnen. Helena Brunner von der Konditorei-Cafe Walter in Innsbruck belegt den ersten Platz, Tanja Greiderer vom Cafe-Konditorei Gredler in Zell am Ziller konnte sich den zweiten Platz sichern.
Paul Kolb und Armin Wagner sehen die zukünftigen Entwicklungen jedenfalls positiv. „Wir wollen gute Qualität zu einem fairen Preis anbieten und uns auf besondere Kerzen konzentrieren”, erklärt Kolb. „Man merkt zwar, dass die Kunden wieder vermehrt auf Qualität Wert legen und dafür auch gewillt sind, einen angemessenen Preis zu zahlen – die Nachfrage ist jedoch noch begrenzt.” Armin Wagner sieht die größte Konkurrenz in den industriell gefertigten Kuchen und Tiefkühltorten. „Wir können aber mit unseren frischen Produkten, Qualität und Flexibilität unsere Kunden überzeugen und ihnen täglich Genuss bereiten“, ist Wagner überzeugt.
Julia Wolfschütz